Menschenhandel - mitten in Deutschland

Vor einiger Zeit war ich in Hamburg. Unser Söhnchen liebt, ebenso wie Mama und Papa, Modelleisenbahnen. Also nichts wie hin ins Miniaturwunderland.

Ach, und Hamburg. Elbphilharmonie. Hafen. Fischmarkt. Tolle Stadt.

Nur über eine Sache komme ich nicht hinweg. Wie Werbung gemacht wird mit einer der übelsten Quellen menschlichen Elends worldwide: Der Prostitution. Extratouren für Touris ins Rotlichtviertel, um angeblich legendäre Kiezgrößen zu sehen – was ist denn eine Kiezgröße anderes als ein besonders erfolgreicher, weil vermutlich besonders fieser und brutaler Zuhälter?

I don‘ t get it. Das ist furchtbar und eklig.

Jan Delay singt „In St. Pauli brennt noch Licht“, eine Verharmlosung von entsetzlichem Menschenhandel. Und Udo Lindenberg darf öffentlich sagen, wie super er sie findet, die „Geile Meile“. Und alle finden es normal. Oder cool womöglich. Sexuelle Ausbeutung: toll. Menschenhandel: super. Armut ausnutzen: total spitzenmäßig.

Da fällt mir das Essen aus dem Gesicht.

In Spiegel Online beschreibt Sandra, eine Ex-Prostituierte ihren Leidensweg. Sie führt ein Blog mit interessanten Links. Vor zwei Jahren hat Angela Merkel von immerhin 98 Organisationen einen offenen Brief bekommen, in dem sie aufgefordert wird, die nach außen hin ach so liberale Haltung der deutschen Gesetze zum Thema aufzugeben und endlich die UN Menschenrechtskonvention zu ratifizieren, die sich mit Menschenhandel und sexueller Ausbeutung befasst. Oder den Beschluss des Europäischen Parlaments zum selben Thema. Oder, oder, oder. 

Position zu beziehen zu diesem Thema ist in Deutschland überaus unpopulär. Doch mit seiner angeblich offenen und freizügigen Haltung der Prostitution gegenüber steht Deutschland weltweit ziemlich isoliert da.

In dem offenen Brief wird Frau Merkel darauf aufmerksam gemacht, dass die Welt zu dieser Angelegenheit auf Deutschland als einem der einflussreichsten und wichtigsten Länder der Erde blickt, um Frauenrechte zu fördern:

 „The world is watching whether Germany will reverse its legislation that, according to your own official country reports, has had “hardly any measureable positive impact” on the lives of women in prostitution nor reduced the criminal trafficking of women into the sex industry.

Aber nichts passiert. Immer mal wieder eine Talkshow mit Vorzeigeprostituierter, die erzählt, sie macht das freiwillig. Und muss doch eigentlich jeder und jede, der mal drei bis vier Sekunden darüber nachdenkt, zweifelsfrei feststellen können, dass das BULLSHIT SEIN MUSS. Und wem dieser Schluss nicht gelingt, dem empfehle ich das Buch von Rachel Moran, „Paid for“ heißt es, die eindrucksvoll erläutert, wie Mädchen und Frauen in dieses Elend rutschen und was die sogenannte Arbeit mit ihren Körpern und Seelen macht.

 

Und es ist wichtig, nicht mehr so zu tun, als wäre das alles ein ganz normales Geschäft mit Angebot und Nachfrage und blabla Ältestes Gewerbe der Welt. Das einzige, was daran alt ist, ist, das die Stärkeren schon immer die Schwächeren ausgenutzt haben. Das ist nämlich die zugrunde liegende Philosophie.